Flüchtlingshilfe Heppenheim und der Ortsverband der Grünen gestalten zum ersten Jahrestag des Ukraine-Kriegs einen Abend

Montag, 27.02.2023
Der Traum vom Frieden in der Heimat
Flüchtlingshilfe Heppenheim und der Ortsverband der Grünen gestalten zum ersten Jahrestag des Ukraine-Kriegs einen Abend

Von Bernd Sterzelmaier

HEPPENHEIM. „Heute ist ein trauriger Tag für mein Land“, sagte Irina am Ende eines bewegenden Abends, an dem die Flüchtlingshilfe Heppenheim und der Ortsverband der Grünen an den Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine erinnerten. Mit Stolz auf die Sprachkenntnisse, die sie in den vergangenen Monaten erworben hat, fügte die Ukrainerin hinzu: „Wir danken der Regierung von Deutschland, dem Management der Stadt Heppenheim und den Freiwilligen.“ Anna Cammilleri gehört zu den Heppenheimern, die vor einem Jahr die Initiative ergriffen, um den Menschen zu helfen, die vor dem Krieg geflüchtet sind. Mit Karsten Lang und Semion Ilomdin stand sie vor den 60 Zuhörern im Marstall des Amtshofs, um in bewegenden Worten zu berichten, wie den Menschen aus der Ukraine in den vergangenen Monaten geholfen wurde.

Weil sie selbst als Kind aus Polen nach Heppenheim kam, empfindet Anna Cammilleri nach, was es bedeutet, sich in einer fremden Umgebung zurechtzufinden. Wenn dazu die Sorge um Verwandte und Freunde kommt, die im Krieg leben und sterben, wird das Leid der Menschen aus der Ukraine unermesslich. Wie Cammilleri berichtete, hat ihre Initiative „Mrija – Wir helfen der Ukraine“ im März 2022 damit begonnen, Hilfsgüter in die Ukraine zu schicken. Seitdem wurden 60 Familien von einer „Welle der Solidarität“ getragen. Ein Netzwerk der Helfer erstrecke sich mittlerweile über mehrere Bundesländer. Wenn Flüchtlinge zu schwach waren, um die Flucht über 2000 Kilometer aus eigener Kraft zu bewältigen, wurden diese sogar mit kleinen Propellerflugzeugen aus dem Grenzgebiet abgeholt.

Wie in ganz Deutschland, wurde am Freitag im Kreis Bergstraße mit Gedenkminuten an den Beginn des Angriffs auf die Ukraine gedacht. Anna Cammilleri berichtete, wie sich in einer Schulklasse die Kinder schweigend von ihren Plätzen erhoben, darunter die Mitschülerin mit russischen Wurzeln.

Im Kreis hat die überparteiliche Europaunion in einer Presseerklärung an den Jahrestag des Kriegsbeginns erinnert. Russland habe unermessliches Leid und Zerstörung gebracht und destabilisiere den ganzen Kontinent. „Diese Aggression muss zurückgedrängt werden, weil wir sonst in Europa nicht mehr in Sicherheit werden leben können“, schreibt der Vorsitzende Wolfgang Freudenberger. Er würdigte die Unterstützung für die aus der Ukraine geflüchteten Familien. Jede Hilfe für die Ukraine verteidigt auch Europas Freiheit und Sicherheit. Die Europa-Union hofft, dass der Krieg bald endet. Dies dürfe aber nicht auf Kosten der Integrität und der Souveränität der Ukraine geschehen, schreibt Freudenberger.

Im Marstall waren mehrere Ukrainer aus Mariupol, der Stadt am Schwarzen Meer, in der der Schrecken des Kriegs besonders deutlich wurde. Axana war Chefköchin in der Kantine des Asow-Stahlwerks, das wochenlang umkämpft war. Unter schwierigsten Bedingungen halten die Flüchtlinge von Heppenheim aus Kontakt zu den Angehörigen, auch nach Mariupol.

Die Zuhörer wurden auf die Kleiderkammer neben der Suppenküche im Marienhaus hingewiesen. Dort werden mittwochs von 18 bis 20 Uhr Spenden entgegengenommen und verteilt. Die Helfer legen Wert darauf, dass alle Bedürftige in der Kleiderkammer willkommen sind. Der Raum im Marienhaus sei mittlerweile zu einem Treffpunkt geworden, genau wie das Café Welcome an der Mozartstraße 29, das donnerstags von 16 bis 18 Uhr geöffnet ist.

Eingeleitet wurde der Abend mit dem Kurzfilm „Oh, Sister“. Die Regisseurin Hanna Kopylova dokumentiert die Reise von Tawakkol Karman, Jody Williams und Leymah Gbowee in die Ukraine. Die drei Frauen sind Trägerinnen des Friedensnobelpreises. In der Ukraine trafen sie sechs Frauen, die das Rückgrat im Kampf um die Freiheit ihres Landes bilden. Jody Williams beschreibt die Kraft der Frauen, die sich Kriegen entgegenstellen. „Es ist an der Zeit, dass die Männer zur Seite treten“, sagt sie im Film, der in der Berliner Staatsoper uraufgeführt wurde.

Die Gespräche im Marstall wurden musikalisch umrahmt von Nataliya Korchynska (Mandoline) und Roman Taranov (Gitarre). Nataliya Korchynska lebt seit ihrer Flucht in Bensheim. Die Berufsmusikerin stammt aus Charkiw. Sie studiert mittlerweile an der Akademie für Tonkunst in Darmstadt.

„Mrija“, der Name der Helfergruppe aus Heppenheim, bedeutet „Traum“. Der Traum von der Heimat im Frieden trieb vielen Gästen im Saal die Tränen in die Augen, als zum Ausklang die ukrainische Nationalhymne gesungen wurde.

GEFLÜCHTETE

Stand 15. Februar wurden beim Ausländer- und Migrationsamt des Kreises Bergstraße 3881 ukrainische Flüchtlinge registriert. Diese Zahl erfasst auch Personen, die sich wieder abgemeldet haben, weil sie in eine andere Gemeinde oder in ein anderes Land umgezogen seien. Über die Meldebehörden sind 2904 ukrainische Flüchtlinge gemeldet. 1263 Personen wurden vom Kreis in Gemeinschaftsunterkünften und Privatwohnungen untergebracht. (ai)

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